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Der unvergessliche Pizzabäcker

Neulich war ich mal wieder in der Stadt, in meinem Lieblingspizzaimbiss in der Fußgängerzone. An diesem Pizzabäcker kommt keiner unerkannt vorbei. 

Persönlicher Kundenservice in der Pizzaria


Die nächste größere Stadt ist gut 30 km entfernt, und wenn wir dort einkaufen, beschleicht uns der Hunger. Obwohl die Fußgängerzone zahlreiche gute und bekannte Nahrungs-Ketten bietet, gibt es für den Imbiss zwischendurch für uns nur eine Alternative: Den Pizzabäcker unseres Vertrauens. 

 

Hassan kommt aus Pakistan und hat lange Zeit bei seiner heutigen Konkurrenz gearbeitet, bevor er sich selbständig machte. Das schlichte Prinzip der Pizzaria: An der Theke bestellen, die Pizza wird just in time hinter dem Tresen zubereitet und in den Ofen geschoben, nach ein paar Minuten kann man sie mitnehmen oder vor Ort essen. 

 

Wie viele Kunden kommen täglich in so einen Imbiss in der Innenstadt? Sicherlich eine ganze Menge. Aber schon früher war es so: Stand Hassan hinterm Tresen, sagte er: "Hallo! Wieder die große Vier mit viel Zwiebeln?" Das war schon erstaunlich, dass er sich das merkte. Aber wir waren ja auch schon oft da gewesen und aßen immer dasselbe. 

 

Dann machte Hassan sich mit dem gleichen Modell selbständig und wir folgten ihm als Kunden zu den kleinen neuen Räumen. Wenn wir kamen, begrüßte er uns immer wie ganz besondere Kunden und wusste natürlich immer noch, was wir für gewöhnlich essen wollten. Sein neuer Laden wurde kurz drauf in der Zeitung vorgestellt. Pizza, neue Räume, beste Lage, alles schön gut, aber die zentrale Aussage in dem mehrspaltigen Bericht war: Hassan kennt alle seine Kunden. Jeder wird wiedererkannt. Jeder wird begrüßt. Dafür war er inzwischen stadtbekannt. 

 

Nach einigen Jahren zog Hassan in größere Räume. Die waren zunächst wirklich ungemütlich und auch nicht von dramatischer Sauberkeit, nicht gerade einladend für Kunden. Ja, die Preise waren ganz ok. Die Pizza allerdings war und ist richtig gut. Aber das bieten viele andere auch. Trotzdem haben wir bisher nie auch nur eine Sekunde gezögert, ob wir nicht einmal den Pizza-Imbiss zwei Häuser weiter oder die schicke Pizza-Imbiss-Kette an der nächsten Ecke ausprobieren sollten. 

 

Unsere Kinder gingen inwischen meist allein mit ihren Freunden zu Hassan, wenn sie in der Stadt unterwegs waren. Obwohl sich Kinder ja in einem bestimmten Alter ziemlich verändern, erkannte Hassan sie jedes Mal und wusste auch sofort, zu wem sie gehören. Und er war zu ihnen immer genauso freundlich wie zu uns. 

 

Man kann monatelang nicht bei ihm gewesen sein, seine Haare komplett umfärben oder sich einen Schnurrbart wachsen lassen: Kommt man in Hassans Imbiss, lächelt er und sagt: "Oh, hallo! Lange nicht gesehen! Wie geht's?" und man hat das Gefühl, er meint das ernst. 

 

Übrigens, auch wenn die Lokalität am Anfang sehr dürftig war, hat Hassan seine Kundschaft nie daran zweifeln lassen, dass er das Beste in seiner Macht stehende bieten möchte. Immer hat er gewerkelt, renoviert, verschönert, verbessert, sobald das Geld dafür zusammengespart war. 

 

Kein Wunder, dass die Kunden sich bei ihm wohlfühlen und ihren Freunden Hassans Imbiss empfehlen. Hassan hat mittlerweile dieses Haus in der Innenstadt gekauft, im Hinterhof parkt sein deutscher Qualitäts-SUV. Und das alles nur durch seine individualisierte Pizza. 

Warum ich diesen Service meisterhaft finde:

  • Ich unterstelle dem Pizzabäcker ein echte Liebe für seine Kunden
  • Die Qualität seiner Produkte ist herausragend. 
  • Trotz anfangs einfacher Mittel wurde den Kunden immer das Bestmögliche geboten
  • Daraus schließe ich die Absicht, für sich und seine Kunden eine Win-Win-Situation herzustellen.  

Meine Konsequenz als Kunde: 

  • Ich komme selbstverständlich sehr gern wieder.
  • Ich erzähle im Freundes- und Bekanntenkreis davon. 
  • Ich empfehle das Lokal gern weiter.
  • Ich erwäge nicht einmal, zur Konkurrenz zu gehen

Welche Knöpfe wurden hier beim Kunden gedrückt?

  • Qualität: Ich frage mich gerade, ob es in den letzten rund 15 - 20 Jahren schon jemals von mir oder einem Familienmitglied eine Beanstandung gegeben hat. Nein, hat es nicht. 
  • Kinderfreundlichkeit: In der Beziehung zum Kunden sind Kinder ein hochsensibler Bereich. Kinder können selbst direkt die Zielgruppe sein (z. B. im Spielzeugladen, im Wildpark, im Schwimmbadcafé) oder ihre Eltern begleiten, z. B. ins Restaurant, zur Bäderausstellung, beim Shoppen, zum Autohändler. Wenn sie etwas größer sind, gehen sie allein los, berichten aber manchmal zuhause, was sie erlebt haben. Und wenn da etwas nicht ok war, hört für die meisten Eltern der Spaß auf. Läden und Restaurants, in denen man den Eltern freundlich ins Gesicht lächelt, während man mit den Kleinen lieblos umspringt, sobald sie allein auftauchen, verspielen schnell das Wohlwollen ihrer Kunden. Zu Recht, wie ich finde. 
  • Persönliche Kundenbindung: Einen Pizzabäcker, der jeden Kunden schon wertschätzte, als er selbst noch ein kleiner Mitarbeiter irgendeines Imbisses war. Dessen Werdegang man schon über Jahre verfolgt. Der jeden Kunden persönlich begrüßt und der für jeden Kunden, egal ob groß oder klein, ein freundliches Wort hat. Der sich mit Fleiß und Bescheidenheit aus dem Nichts ein gut gehendes Geschäft aufgebaut hat. Und der immer gute Qualität liefert. Warum sollte man den wechseln? 

Tipps zum Verwirklichen: 

  • Je nach Geschäftszweig variiert die Wahrscheinlichkeit, das Kinder, die zur Kundschaft gehören, mitgebracht werden, selbst Kunde sind oder in anderer Weise den Bereich des Kundenservices berühren. Sich kinderfreundlich zu zeigen hat viele Vorteile, denn einerseits schätzen es die Eltern, wenn Kinder willkommen sind, andererseits geben beschäftigte Kinder den Eltern die Möglichkeit, sich Ihrem Angebot zu widmen. Zudem sind Kinder und Jugendliche die Kunden von morgen. Dies haben Automarken quer durch alle Klassen bereits verinnerlicht. Hier werden Kinder durchaus ernst genommen, bekommen jede Menge Werbegeschenke und Aufmerksamkeit. - Wie kann man Kindern begegnen? Das hängt vom Alter und der Branche ab. Für kleinere ist eine kleine Spielzeugbox interessant. Darin sollten sich wenige, saubere, qualitätsvolle, einfache Spielsachen befinden. Wo häufiger Kinder sind, eignen sich Spielecken. Das Angebot an Spielzeug sollte nicht viel, sondern mit Bedacht ausgesucht sein und den Kindern ermöglichen, sich selbst zu beschäftigen. Dabei schätzen die meisten Kinder ein ordentliches Bällebad deutlich höher wert als ein pädagogisches Gesellschaftsspiel. Super kommen auch immer einfache Holzbauklötze an, die man zum Beispiel in Behindertenwerkstätten bekommt. - Größere Kinder und Jugendliche hingegen nehmen meistens interessiert am Gespräch teil und können dann einfach einbezogen werden. Sowohl die Eltern als auch die Kinder sehen es gern, wenn man sie für voll nimmt, ihre Meinung erfragt und Einwände behandelt.   
  • Die beste Voraussetzung, um eine persönliche Kundenbeziehung aufzubauen, ist Sympathie und aufrichtiges Interesse für den Kunden. Eine persönliche Kundenbeziehung ähnelt einer Freundschaft und kennzeichnet sich durch Sympathie und Vertrauen. Vertrauen ist die positive Erwartung, dass die eigene 'Schwäche' vom anderen nicht zum Schaden verwendet wird. Im Fall einer Kundenbeziehung ist die Schwäche des Kunden die fehlende Fachkenntnis über Qualität, Preis, Verfahren usw. . Vertraue ich meinem Gegenüber, dass er dies nicht zu meinem Nachteil verwendet, mir beispielsweise schlechte Qualität unterjubelt oder überhöhte Preise bietet, dann überlasse ich ihm gleichzeitig einen großen Gestaltungsspielraum, in dem er mich beraten kann. Hier kann er durchaus seine eigenen Interessen berücksichtigen, solange er sich vertrauenswürdig verhält und meine Interessen ebenfalls wahrt. - Worin kommt eine persönliche Beziehung zustande? Durch Gemeinsamkeiten, Humor, ehrlich gemeinte Komplimente (keine Schmeicheleien!), ggf. Berührung (z. B. Handschlag, leichtes Berühren am Arm oder der Schulter) und durch Gespräche, die sich nicht um den Geschäftsinhalt drehen, sondern den persönlichen Bereich betreffen. Also Fragen zum persönlichen Bereich des Kunden wie ebenso kleine Einblicke in das eigene Leben. Selbstverständlich alles in einem angemessenen Bereich - Pikantes sollte man nicht zum Besten geben oder den Kunden mit neugierigen Fragen belästigen. Nicht immer ist dieses persönliche Gespräch einfach, wenn man Kunden selten sieht oder sehr viele Kunden hat. Wie soll man sich dann bei aller Sympathie diese ganzen Informationen merken? Hier gibt es für alle Branchen entsprechende Customer Relationship Management (CRM) Systeme, in denen man die Details seiner Ansprechpartner vermerken und beim nächsten Gespräch daran anknüpfen kann. Für kleinere Betriebe genügen auch Karteikarten, Vermerke auf Aufträgen, Handy-Apps oder Ähnliches. Für beide Seiten, Kunde wie Kundenberater, ist es erfreulich, wenn man an frühere Gespräche anknüpfen und abseits des Auftrages etwas von dem Menschen erfahren kann, der einem gegenüber sitzt. 

Wie denken Sie darüber? Hatten Sie ähnliche Service-Erlebnisse?

Ich bin gespannt auf Ihren Kommentar!

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